16.04.2010 | Bericht

Historische Bilderrahmen von der Renaissance bis zum Jugendstil

Rahmenseminar vorgetragen von Dr. Tobias Schmitz

Dr. Tobias Schmitz hielt von 16. -17. April ein Seminar über historische Bilderrahmen von der Renaissance bis zum Jugendstil an der Universität für Angewandte Kunst (Salzgries 14, 1010 Wien). Als Verfasser des „Lexikon der europäischen Bilderrahmen“ (ein zweibändiges Werk, das umfassende Information über die Erscheinungsformen und Konstruktion von Bilderrahmen unterschiedlichster Epochen und Kulturlandschaften gibt) verfügt er über ein fundiertes Fachwissen, an dem er die Kursteilnehmer in einer anschaulichen Einführung in dieses Themenfeld teilhaben lies.

Am ersten Tag des Seminars verdeutlichte Tobias Schmitz den Übergang vom „architektonischen Rahmen“ in Romanik und Gotik, bei dem Bild und Rahmen in einem Stück gefertigt wurden und oft eine Architektur imitierende Außenform aufwiesen, zur Entwicklung des Leistenrahmen in der Renaissance. Dieser wurde nun separat, vom Bild getrennt gefertigt.

In der Renaissance begannen sich unterschiedliche, regionalbedingte Stile zu entwickeln. Während z.B. in Florenz und Siena vorwiegend Leistenrahmen mit einem sogenannten oro-e-negre-Dekor (der Rahmen wurde vergoldet, mit schwarzer Farbe überstrichen und die Ornamentik anschließend durch Abkratzen der schwarzen Farbe herausgearbeitet) hergestellt wurden, wies der venezianische Rahmen oft ein florales Dekor aus Pastiglia auf. In Neapel wurden ebenfalls oro-e-negre-Rahmen hergestellt, die sich jedoch vom toskanischen Rahmen durch stark hervorgehobene, wulstige Innenprofile unterschieden.

Der in Spanien vorherrschende, nach Juan Herrera benannte Herrera-Rahmen besaß ein farbiges Dekor, das einen Edelsteinbesatz imitierte. Es befand sich erhöht auf vergoldetem Grund.

In Holland des 17. Jahrhundert fand der Kabinett-Rahmen weite Verbreitung. Die meist aus Ebenholz gefertigten Rahmenplatten verblieben holzsichtig und besaßen schwellende Profile und gewellte oder geflammte Dekore.

In Flandern, Süddeutschland und Österreich erfreuten sich Rahmen mit Schildpatt großer Beliebtheit. Aufgrund des teuren Materials wurden jedoch vorwiegend Bilder kleinen Formats damit gerahmt.

Im Barock entwickelte sich der zuvor eher flache Plattenrahmen zum dreidimensionalen Profilrahmen mit an – und absteigenden Wülsten und Kehlen.

Am französischen Königshof wurden die Rahmenstile nach dem aktuell herrschenden König benannt, der das Formenrepertoire aktiv mitprägte. Die Bilderrahmen unter Ludwig dem Xlll. ähnelten noch stark italienischen Blattrahmen (bevorzugt Bologna). Die Ecken waren durch Akanthusblätter betont, während die Platten unter den aufgesetzten Verzierungen mit einer Kreuzschraffur akzentuiert waren. Über dem Rahmen-Stil Ludwig des XlV. entwickelte sich ein immer dreidimensionaler werdender, geschwungener Rahmen, der in dem völlig aufgelösten Stil unter Ludwig dem XV. mündete, bei dem selbst die Außenkanten keine Geraden mehr aufwiesen.

Im Klassizismus löste das strenge Formenrepertoire der Antike die üppige Ausgestaltung der Rahmen des Rokoko ab. Ludwig der XVl. entwickelte flache Profile mit, durch hervorstehende Klötze akzentuierte Ecken und Kartuschen.

Während der französischen Revolution entstand der Directoire-Rahmen. Er besaß ein schmales Profil mit einer Doppelkehle. Napoleon übernahm diesen Stil anschließend, ließ die Profile jedoch breiter anfertigen, um den Rahmen eine höhere Repräsentativität zu verleihen.

Während des Biedermeier wurde der sogenannte Grafikrahmen populär. Es handelte sich um eine mit Furnier belegte unvergoldete Vierkantleiste, die mit Schellack glanzpoliert wurde.

Der Blondel-Rahmen fand vor allem in Wien große Beliebtheit. Der nach dem französischen Architekten Jacques-Francois Blondel benannte Rahmentyp war mit Spitzenstoff belegt und besaß flache und sehr feine Eckkartuschen.

Nach dem theoretischen Vortrag fand am Nachmittag des zweiten Tages eine Exkursion in das Belvedere statt um das Gelernte durch aktives Sehen der originalen Rahmentypen zu untermauern.